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Zwei Caritas-Frauen erzählen vom Projekt Urlaub ohne Koffer

Ehrenamtskampagne, Caritaskonferenz, Lottmann, Schindler
v.l. Marianne Lottmann, Marlies Schindler
Ehrenamtskampagne, Caritaskonferenz, Lottmann, Schindler

v.l. Marianne Lottmann, Marlies Schindler

Zu einem „Urlaub ohne Koffer“ sind alle Menschen eingeladen, die keinen selbständigen Urlaub verbringen können. Die Teilnehmenden – auch Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind – werden morgens mit Kleinbussen abgeholt und abends wieder nach Hause gebracht. Die Urlaubsresidenz ist das Tagespflegehaus Eremitage der Caritas. Tagsüber gibt es ein abwechslungsreiches Programm, wobei das gemeinschaftliche Miteinander im Vordergrund steht.
Geplant, vorbereitet und durchgeführt wird das Projekt von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Marianne Lottmann und Marlies Schindler, die im Interview über ihre Erfahrungen berichten.

Interviewerin: Wie sind Sie zu dem Ehrenamt gekommen?

Lottmann: Ich wurde vor 15 Jahren gefragt, ob ich mir ein caritatives Engagement in meiner Gemeinde vorstellen könne. Mir ging es gut, meine Kinder waren erwachsen und obwohl ich noch berufstätig war, wollte ich ein bisschen von meinem persönlichen „Glück“ weitergeben. Seit mehr als 12 Jahren leite ich nun die Caritaskonferenz in Rudersdorf und werde dabei immer wieder bestätigt „geben macht glücklicher als nehmen“. Ich bekomme in der Arbeit viel zurück: ein dankbarer Blick, einen Händedruck oder ein Lächeln.

Schindler: Ich bin seit fast vierzig Jahren „Caritas-Frau“. Über eine ältere Frau bin ich damals ins Altenheim gekommen, und dann kam immer etwas mehr dazu. Die Caritas-Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Ich bin jetzt 25 Jahre Vorsitzende. Es ist eine sehr vielseitige und facettenreiche Arbeit, die mich ausfüllt. Der rote Faden der Caritas durchläuft mein Leben.

Interviewerin: Was machen Sie konkret im Projekt „Urlaub ohne Koffer“?

Schindler: Das Projekt wurde in Paderborn im Diözesanrat vorgestellt und es faszinierte mich. Man kann es nicht alleine machen und da habe ich Frau Lottmann gefragt, ob wir nicht das Projekt für unseren Pastoralverbund einmal in Angriff nehmen wollen. Und das haben wir dann auch gemacht.

Lottmann: Als mich Frau Schindler ansprach, ob wir das nicht für Burbach, Wilnsdorf, Neunkirchen initiieren wollen, war ich sofort dabei. Durch meine ehrenamtliche Arbeit kannte ich einige Menschen, für die mir das Angebot als sehr wichtig erschien. Auch auf dem Land leben immer mehr Menschen, die im Alter allein sind. Wenn der Partner stirbt, die Kinder weggezogen sind und dann noch körperliche oder geistige Einschränkungen dazu kommen, drohen die Menschen zu vereinsamen. Oft sind die finanziellen Möglichkeiten begrenzt. Frauen auf dem Land waren früher selten berufstätig und verfügen über keine eigene Rente. Wenn dann der Mann stirbt, wird es eng.

Interviewerin: Was fasziniert Sie an Ihrer ehrenamtlichen Arbeit?

Schindler: Mich fasziniert die Vielfalt der Menschen. Man muss sich jedes Mal auf den Menschen, der vor einem steht, einlassen. Das ist nicht immer einfach, gibt mir aber sehr viel. Ich sammle sehr viele Erfahrungen mit Menschen anders umzugehen. Man bekommt einen anderen Horizont.

Lottmann: Mich berührt es immer wieder, wie dankbar Menschen für Zuwendung sind. Ich erlebe es auch als eine persönliche Bereicherung im Sinne von Guy Maupassant: „Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen!“. Mich fasziniert auch die Vielfalt an Möglichkeiten. Ich kann planen, organisieren und Projekte durchführen. Ich kann Dinge tun, die mir wichtig sind. Alleine oder im Team. Ich kann im caritativen Engagement mir die Aufgaben aussuchen – anders als in der beruflichen Welt. Das ist das Gute an Caritas, das ich frei bin. Ich kann fast wie ein Künstler agieren.

Interviewerin: Gibt es ein besonderes Erlebnis?

Lottmann: Spontan fällt mir eine Dame aus dem Projekt „Urlaub ohne Koffer“ ein. Sie saß im Rollstuhl und haderte mit ihrem Dasein. Ich habe sie mehrmals besucht, um sie zu einer Teilnahme zu „überreden“. Sehr mürrisch erschien sie dann im Tagespflegehaus Eremitage. Und dann passierte eine wundersame Wandlung. Der Blick wurde im Laufe des Vormittags immer offener, freundlicher, irgendwann erschien dann ein Lächeln und nachmittags lachte sie herzhaft mit den anderen. Es war als ging die Sonne auf.

Schindler: Sie sagte dann nachher zu mir: „So gelacht habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht!“

Interviewerin: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Lottmann: Es wäre schön, wenn sich immer wieder Menschen finden, die bereit sind, sich für andere einzusetzen. Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, für die Herausforderungen in der Gesellschaft gute Lösungen zu finden, konkret zum Beispiel Kontaktpersonen für alle, die einsam sind. Ich glaube auch, dass der Bedarf steigen wird. Immer mehr Menschen sind einsam. Ich wünsche mir für unser Projekt „Urlaub ohne Koffer“ immer ausreichend Plätze für alle anbieten zu können und genügend Mitarbeitende.

Schindler: Ich wünsche mir ebenfalls, dass mehrere jüngere Menschen mit in das Boot „Urlaub ohne Koffer“ einsteigen. Noch schaffen wir zwei das mit unseren Helfern ganz gut, aber es wäre schön, wenn wir noch Nachwuchs hätten. Auch wäre es schön, wenn unser Projekt in anderen Gemeinden Nachahmer findet. Wir stehen für neue Projekte gerne Pate.

Interviewerin: Vielen Dank für das Gespräch!

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